Auf anderen Wegen

Auf anderen Wegen

Ich wohne im Pflegeheim und da müssen die Vorsichtsmaßnahmen streng eingehalten werden, da wir auf Grund des Alters und Vorerkrankungen besonders gefährdet sind. Die ersten vier Wochen waren schlimm, da ich mich nur auf unserem Gelände bewegen konnte. Nun darf ich auch wieder weiter raus fahren. Bedingungen sind Mundschutz und kein Kontakt zu anderen. Das ist aber auch nur mir möglich, weil ich einen elektrischen Rollstuhl habe und ohne fremde Hilfe fahren kann. 

Am schlimmsten habe ich das strikte Besuchsverbot empfunden und auch dass wir auf den Zimmern alleine essen müssen. Ich habe ja viel Zeit, da alle Gruppenangebote ausfallen und so schaue ich bei manchen Mitbewohnern mal vorbei, um ihnen ein Lächeln auf’s Gesicht zu zaubern. Aber ich stelle auch gute Entwicklungen fest. So entstehen mehr Kontakte auf anderen Wegen. Ich telefoniere viel mehr mit meinen Bekannten und Verwandten als vor der Pandemie. Und auch über What’s App habe ich mehr Kontakte. Es ist schön zu wissen, dass andere an einen denken. 

»Ich telefoniere viel mehr mit meinen Bekannten
und Verwandten als vor der Pandemie.«

Außerdem versuche ich jeden Tag über einen Livestream den Gottesdienst mitzufeiern, um mir Kraft zu holen. Das Gebet stärkt mich. Auch dieses neue kirchliche Angebot ist eine schöne Entwicklung, aber dennoch fehlt die Gemeinschaft. Dankbar bin ich auch für das Personal, das jeden Tag freundlich und mit Liebe seinen Dienst versieht. Es fehlt ihnen die Zeit für ausführliche Gespräche. Sie haben ja auch Familie und sicher auch Sorgen und Ängste, aber sie lassen es uns nicht spüren und versuchen uns immer mal wieder, mit kleinen Überraschungen den Tag zu verschönern. 

Uschi Reinhold