Da bin ich mitten unter ihnen

Da bin ich mitten unter ihnen

Meine Geschichte beginnt mit einem Verlust, nämlich mit dem der Gottesdienstbesucherinnen und -besuchern, die jeden Sonntag die Klosterkirche der Benediktiner zu Nütschau aufsuchen. Die nicht sehr große Kirche ist immer gut gefüllt – an die 100 Personen nehmen teil. Es ergeben sich gute Gespräche im Anschluss an die Liturgie und oft ein herzlicher Dank an mich, die Organistin.

»Wo zwei oder drei… So wurde beschlossen, das
Gemeinschaftserlebnis zu teilen, und zwar online.«

Damit war es nun sehr plötzlich vorbei. Die Gottesdienstgemeinschaft bestand noch aus den Mönchen, zwei Mitbewohnerinnen der Hausgemeinschaft und mir; dennoch: wo zwei oder drei… So wurde beschlossen, das Gemeinschaftserlebnis zu teilen, und zwar online. Nach anfänglichen Problemen geschah das in sehr guter technischer Qualität. Aus den Rückmeldungen der Zuhörenden und -sehenden sprach Dankbarkeit. Denn in diesen harten Zeiten der Isolation war es ein Fenster der Teilhabe zur Liturgie. Denn für viele gibt es keine Möglichkeit in häuslicher Gemeinschaft zu feiern. Sie leben allein.

Ich sah mich in der Osternacht und den Wochen danach mit über 2600 Zuhörenden konfroniert. Das war und ist seltsam, denn für eine so große Gruppe sind meine spielerischen Möglichkeiten nun wirklich nicht ausgelegt. Aber welch eine Sehnsucht nach Spiritualität offenbart sich in dieser Zahl – vielleicht ausgelöst durch das neue Coronavirus, wahrscheinlich aber eher schon immer da gewesen und in diesen Zeiten deutlich geworden.

Dr. Cristiane Drechsler, Neuengörs