Eine Tür: 1,5 x 2,5 Meter, etwa. Eigentlich der Eingang zum Pfarrsaal der Domgemeinde St. Marien in Hamburg. Jetzt: Ausgabestelle der Kleiderkammer. Hinter der Tür: Vier Menschen, die sich nicht kennen, die sich sinnvoll engagieren wollen, irgendwie helfen. Zwei sind das erste Mal da. Ich und eine junge Frau zum vierten Mal. „Umsichtig sein und mitmachen“, so unsere Einführung für die Neuen: „Lasst euer Herz sprechen und seid menschlich.“ Und dann: Maske auf, Handschuhe an, und los.
»Eigentlich hat er kein Geld, er lebt auf der Straße.
Dennoch reicht er uns eine Blume.«
Vor der Tür: Menschen, die Kleidung brauchen. Zwischen „davor“ und „dahinter“ steht ein Tisch, darauf steht eine klappbare Moderationswand, die an zwei Stellen aufgeschnitten ist. Es gibt ein Fenster, mit provisorisch aufgeklebtem Plexiglas – dadurch kommunizieren wir. Durch die andere Öffnung reichen wir die Kleidung. Eigentlich. Heute hat ein frohgelaunter Mitfünfziger das durcheinander gebracht. Eigentlich hat er kein Geld, er lebt auf der Straße. Dennoch reicht er uns eine Blume. In einem knallorangenen Blumentopf. Dazu ein herzergreifendes Lachen und funkelnde Augen. „Danke“, sagt er mit seiner Blume.
Was tun? Es gibt die Ansage: „Nichts annehmen.“ Wir tun es dennoch. Weil in dem Moment die Herzen sprechen und Menschlichkeit da ist. Für manche unverantwortlich, für andere ein nettes Erlebnis, für mich als Priester eine Spur Gottes in der Welt. Barmherzigkeit geht auch durch Plexiglas. Also: Blumentopf desinfizieren, sich freuen, und weiter machen. Und das klappt hervorragend. Als wären wir schon immer gemeinsam in der Kleiderkammer.
Alexander Görke