Die geschenkte Zeit

Die geschenkte Zeit

Ich habe mir diese Gedanken „Was will ich aus dieser Zeit lernen und mehr in meinen Alltag danach integrieren?“ in den letzten Monaten oft gestellt. Mich hat diese Krise voll erwischt und im positiven Sinne entschleunigt. Neben der Arbeit war mein Tag immer voll kultureller Aktivitäten – in Hamburg kann man schnell das Gefühl bekommen, in dem riesigen Angebot „Wichtiges“ zu „verpassen“. Das aktive Singen in meinem Chor vermisse ich zwar schmerzhaft, ich weiß aber nun, wie viel es mir bedeutet. Ich hoffe, ich vergesse das nicht! 

»War es vorher so, dass ich aufpassen musste, dass noch etwas Zeit für
ein kurzes Telefonat mit meinen betagten Eltern einmal in der Woche
blieb, telefoniere ich seit dem Lockdown jeden Tag mit ihnen.«

Der Aspekt, der mich aber am meisten bewegt, ist, dass nun, da alle Aktivitäten eingestellt wurden, mehr Zeit bleibt, mit der Familie und Freunden zu telefonieren. War es vorher so, dass ich aufpassen musste, dass noch etwas Zeit für ein kurzes Telefonat mit meinen betagten Eltern einmal in der Woche blieb, telefoniere ich seit dem Lockdown jeden Tag mit ihnen. Anfangs waren es echt längere Gespräche, in denen es darum ging, wie es Ihnen geht in dieser Situation und dann kam zu intensiveren Gesprächen, die ich als bereichernd empfand. Mittlerweile sind es zwar wieder kürzere Gespräche, in denen es doch wieder um das geht, was gerade passiert. Und es gibt eben in einer Senioren-Residenz täglich nicht viel Neues zu berichten. Aber dennoch würde ich diese Gewohnheit gerne auch nach der Corona-Krise beibehalten.

Elisabeth Wegerle, Hamburg-Bergedorf