Natürlich kann ich mich im Klagen mitreißen lassen: Wie soll ich die Kinderbetreuung absichern, wie neben Job und Haushalt noch den Schulunterricht übernehmen, meine Reisepläne alle abgesagt, die quengelnden Kinder, ich bin überfordert…… . Ich könnte die Aufzählung weiter fortsetzen. Doch was ändert es?
Deswegen ändere ich den Blick auf die Dinge: Mein Alltag ist entschleunigt. Abendliche Termine entfallen, keine Proben oder Sitzungen. Wir haben Zeit gemeinsam als Familie am Abend zu kochen und zu spielen. Unsere große Tochter ist 18 Jahre alt und wird nach dem Sommer studieren gehen. Als Mutter sehe ich das mit einem glücklichen und einem weinenden Auge. Nun ist uns eine extra Portion gemeinsame Zeit geschenkt worden.
»Corona öffnete auch den Blick für Dinge, die getan werden
müssen, nicht für sich selbst sondern für andere.«
Corona öffnete auch den Blick für Dinge, die getan werden müssen, nicht für sich selbst sondern für andere. Und das bewirkt eine ungemeine Zufriedenheit. Zu Beginn der Pandemie, wo die Schlacht um Toilettenpapier begann und die Regale leer waren, wurden auch die Hilfsmittel für unsere Pflegekräfte knapp. Mein Mann, der als Regionalleiter bei der Caritas im Norden arbeitet, berichtete zu Hause von den Sorgen. Da musste schnell gehandelt werden. In Arbeitsteilung wurden – mit der ganzen Familie – über 150 Masken zugeschnitten, gefaltet und genäht. Da gab es einige Spätschichten. Ein Dank noch an unsere Nachbarn und Bekannten, die mit den – zwischenzeitlich auch ausverkauften – Schlüpfergummis aushalfen. Nach jeder Schicht die Zählung – wer hätte gedacht, dass wir so viele schaffen? Und dann die Worte meiner Tochter: „Das fühlt sich so gut an, coole Aktion.“
Dr. Kathleen Schwerin-Witkowski