Die Osternachtfeier habe ich mit meiner Frau nachts am Fernsehen mitgefeiert, eine Übertragung aus dem Mainzer Dom. Am Ostertag haben wir noch einen evangelischen Gottesdienst aus Böblingen auf einem Youtube-Kanal mitgefeiert, den meine Schwägerin als Pfarrerin in Böblingen aufgenommen hatte. Beide Gottesdienste habe ich in lebhafter und intensiver Erinnerung. Ist doch der Glaube auf diese Weise neu in unseren Zwei-Personen-Haushalt hinein gekommen.
»Ich habe dies im Nachhinein als eine wohltuende Herausforderung
erkannt, im ungewohnten häuslichen Umfeld durch Singen und
Sprechen den Glauben zu bekennen.«
Es war im ersten Moment ein merkwürdiges Gefühl, in unserem Wohnzimmer Kirchenlieder zu singen, ebenso wie die liturgischen Gebete, zum Beispeil das Vaterunser aufzusagen, aber ein sehr gutes Gefühl verbunden zu sein – wenn auch in gewisser Weise nur mittelbar über die Strahlen der TV-, beziehungsweise Internetverbindung – mit einer gottesdienstlichen Gemeinde.
Ich habe dies im Nachhinein als eine wohltuende Herausforderung erkannt, im ungewohnten häuslichen Umfeld durch Singen und Sprechen den Glauben zu bekennen – und sei es nur in der Vertrautheit unter Ehepartnern. Dabei sind uns kleine Gottesdienste zu Hause, zum Beispiel an Heiligabend nicht fremd. Auch bin ich es als Wortgottesdienstbeauftragter gewohnt laut vor anderen vorformulierte oder selbst formulierte Gebete zu beten und den Glauben zu bekennen.
Ich habe die Hoffnung, dass viele Menschen ähnliche Erfahrungen gemacht haben, und dies dazu beiträgt, eine von mir oft beobachtete Sprachlosigkeit in religiösen Fragen zu überwinden.
Albert Geusen-Rühle, Neustadt in Holstein